Thromb Haemost 1964; 11(02): 423-443
DOI: 10.1055/s-0038-1654838
Originalarbeiten — Original Articles — Travaux Originaux
Schattauer GmbH

Über den immunologischen Nachweis von Faktor VIII-Protein im Bluterplasma und seine Bedeutung für das Verständnis der Hämophilie A

W Piper*)
1   II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin (Direktor: Prof. Dr. G. Schettler)
,
M. H Schreier**)
1   II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin (Direktor: Prof. Dr. G. Schettler)
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22 June 2018 (online)

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Zusammenfassung

Durch Immunisierung von Kaninchen wurden Antiseren gegen humanen Faktor VIII gewonnen, deren spezifische Anti-Faktor VIII-Wirkung mit einem modifizierten Thrombokinasebildungstest (Faktor VIII-Neutralisationstest) nachgewiesen werden konnte.

Die gegen den Faktor VIII gerichteten Antikörper der Immunseren ließen sich in gleichem Maße mit Normalplasma und Bluterplasma absorbieren, woraus sich ergibt, daß im Bluterplasma etwa ebensoviel Faktor Vlll-Protein enthalten ist wie im normalen Plasma. Im Normalserum und Bluterserum wurden mit dieser Methode deutlich geringere und ebenfalls annähernd gleiche Faktor VIII-Konzentrationen gefunden.

Es wird die Auffassung vertreten, daß es sich bei dem im Bluterplasma vorhandenen Faktor VIII-Protein - in Analogie zu den kreuzreagierenden Substanzen (CRM) bei Bakterien-Mangelmutanten um das Produkt einer genetisch bedingten Faktor VIII-Fehlsynthese handelt, welches funktionell minderwertig ist, in seinen Antigendeterminanten jedoch weitgehend mit normalem Faktor VIII übereinstimmt.

Um gewisse Inhibitoreigenschaften des Bluterplasmas zu erklären, wird auf die Möglichkeit hingewiesen, daß dem fehlgebildeten Faktor VIII aufgrund seiner strukturellen Ähnlichkeit eine kompetitive Hemmwirkung auf normalen Faktor VIII zukommen könnte. Für diese Annahme spricht, daß der von Mammen im Bluterplasma gefundene Inhibitor ähnliche Eigenschaften zeigte, wie sie vom Faktor VIII bekannt sind.

Die These verschiedener Autoren, daß Bluterplasma den Faktor VIII in normaler Quantität und Qualität enthalte und daß ein gegen ihn gerichteter Inhibitor das pathogenetische Agens der Hämophilie A darstelle, wird abgelehnt. Der Widerspruch wird mit genetischen Überlegungen und der Beobachtung begründet, daß der im Bluterplasma nach Ätherbehandlung auftretende Accelerator nicht mit Faktor VIII identisch ist.

Unser Dank gilt Herrn Prof. E. Lüscher, Bern, für die Überlassung reinen Human-Fibrinogens, Herrn Dr. W. Osten, Rudolf-Virchow-Krankenhaus, Berlin, für die Zuweisung dreier Bluterpatienten und Herrn Dr. Wiek, Rudolf - Virchow-Krankenhaus, Berlin, für die Durchführung der präparativen Elektrophorese mit seiner Apparatur.

*) Anschrift : Ludolf-Krehl-Klinik, Heidelberg.


**) Die Untersuchungen wurden im Rahmen einer Inaugural-Dissertation durchgefiihrt.